Der Traum vom Eigenheim ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Viele Menschen glauben, dass der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung der ultimative Schritt zur finanziellen und persönlichen Zufriedenheit ist. Doch eine neue Studie der Universität Basel zeigt: Diese Annahme könnte eine Illusion sein.

In diesem Artikel analysieren wir, warum so viele Menschen den Glückseffekt von Wohneigentum überschätzen, welche psychologischen Mechanismen dahinterstecken und ob es bessere Wege gibt, finanzielle Unabhängigkeit und Zufriedenheit zu erreichen.

1. Der Mythos vom Glück durch Wohneigentum

Seit Jahrzehnten wird der Hauskauf als sicherer Weg zum Glück verkauft. Werbung, gesellschaftliche Normen und Familientraditionen suggerieren, dass ein eigenes Haus nicht nur finanzielle Sicherheit bedeutet, sondern auch langfristig glücklicher macht.

Doch die Studie von Odermatt & Stutzer (2020) der Universität Basel zeigt:

Die Lebenszufriedenheit steigt nach dem Hauskauf nur kurzfristig – danach fällt sie wieder fast auf das ursprüngliche Niveau zurück.

🔗 Quelle: Odermatt, R. & Stutzer, A. (2020). Does the Dream of Home Ownership Rest upon Biased Beliefs? A Test Based on Predicted and Realized Life Satisfaction. IZA Discussion Paper No. 13510. Hier abrufbar.

Warum ist das so? Die Forscher fanden heraus, dass viele Käufer einer psychologischen Verzerrung erliegen, die sie dazu bringt, ihr zukünftiges Glück falsch einzuschätzen.

2. Warum überschätzen Menschen den Glückseffekt des Eigenheims?

Laut der Basler Studie gibt es drei zentrale Gründe, warum Menschen glauben, dass ein Eigenheim dauerhaft glücklicher macht – und sich dabei täuschen:

2.1 Der Projektionseffekt: Wir überschätzen unser zukünftiges Glück

🔍 Psychologischer Denkfehler: Menschen neigen dazu, ihr aktuelles Glücksempfinden in die Zukunft zu projizieren. Wenn sie sich beim Hauskauf glücklich fühlen, gehen sie davon aus, dass dieses Hochgefühl dauerhaft anhält.

👉 Realität: Nach wenigen Jahren gewöhnen sich die meisten Menschen an ihr Eigenheim. Das Haus wird zur Normalität, der Glückseffekt schwindet – und das ganz ohne große negative Ereignisse.

🔹 Studienbeleg: Diese Verzerrung wurde auch in anderen Kontexten untersucht, z. B. in der Studie von Wilson & Gilbert (2003), die zeigt, dass Menschen dazu neigen, die Dauer und Intensität ihrer Emotionen systematisch zu überschätzen.

📚 Quelle: Wilson, T. D., & Gilbert, D. T. (2003). Affective Forecasting: Knowing What to Want. Current Directions in Psychological Science, 14(3), 131-134.

2.2 Extrinsische Motivation: Statusdenken statt echte Bedürfnisse

📌 Menschen mit extrinsisch geprägten Lebenszielen (z. B. Status, finanzieller Erfolg, Prestige) überschätzen den Wert von materiellen Besitztümern für ihr Glück.

💭 „Ich brauche ein Haus, um erfolgreich zu sein!“ – Diese Denkweise führt dazu, dass Menschen den psychologischen Wert eines Eigenheims überschätzen, während sie echte Zufriedenheitsfaktoren wie soziale Beziehungen oder persönliche Freiheit unterschätzen.

🔹 Studienbeleg: Forschungen von Kasser & Ryan (1996) zeigen, dass Menschen mit extrinsischer Motivation langfristig weniger zufrieden sind als solche, die intrinsische Werte (z. B. soziale Bindungen) priorisieren.

📚 Quelle: Kasser, T., & Ryan, R. M. (1996). Further Examining the American Dream: Differential Correlates of Intrinsic and Extrinsic Goals. Personality and Social Psychology Bulletin, 22(3), 280-287.

2.3 Unterschätzte Kosten: Die finanzielle Realität schlägt zu

Viele Menschen konzentrieren sich nur auf die Vorteile des Eigenheims – doch die langfristigen finanziellen und emotionalen Belastungen werden oft übersehen:

💰 Höhere Kosten als erwartet: Reparaturen, Zinsen, Instandhaltung – viele unterschätzen die laufenden Kosten und fühlen sich nach dem Kauf finanziell eingeschränkt.
⏳ Weniger Flexibilität: Wer ein Eigenheim besitzt, ist weniger mobil. Ein Jobwechsel oder Umzug wird deutlich schwieriger.
🔗 Psychologische Last: Schulden können Stress verursachen und sich negativ auf die mentale Gesundheit auswirken.

🔹 Studienbeleg: Eine Studie von Dunn et al. (2003) zeigt, dass Menschen die Bedeutung bestimmter Wohnfaktoren für ihr langfristiges Glück falsch einschätzen und oft falsche Entscheidungen treffen.

📚 Quelle: Dunn, E. W., Wilson, T. D., & Gilbert, D. T. (2003). Location, Location, Location: The Misprediction of Satisfaction in Housing Lotteries. Personality and Social Psychology Bulletin, 29(11), 1421-1432.

3. Fazit: Die wahre Formel für finanzielle und persönliche Zufriedenheit

🏡 Ein Eigenheim kann glücklich machen – aber nicht so sehr, wie viele denken. Die Basler Studie zeigt, dass Menschen den Glückseffekt von Wohneigentum systematisch überschätzen.

📌 Besserer Ansatz für langfristige Zufriedenheit:
✔ Bewusste Finanzplanung statt emotionaler Entscheidungen
✔ Investieren in flexible, renditestarke Anlagen statt in teure Immobilien
✔ Fokussierung auf Erlebnisse und soziale Beziehungen statt auf Statusdenken

💡 Bevor du eine Immobilie kaufst, frage dich: Möchte ich wirklich ein Haus – oder möchte ich Freiheit und finanzielle Sicherheit?